WiSe22 AK Geschichte der Studierendenschaft

Aus ZaPFWiki

Vorstellung des AKs

  • Verantwortliche/r: Vale, Stefan, Anton, Annemarie (Köln)
  • Ziel des AK: Sich mit der eigenen Geschichte befassen und die Debatte um die Politisierung der Fachbereiche und die Debatte um ein hoschschulpolitisches Mandat auf ein solides Fundament, inklusive des historischen Diskurses stellen
  • Handelt es sich um einen Folge-AK: nein
  • Wer ist die Zielgruppe?: Alle, die die oft sehr formalistische Debatte um "Politik & Fachschaften" schon immer unbefriedigend fanden und an den hintergründen aktueller juristischer Umstände interessiert sind.
  • Wie läuft der AK ab?:

Uniweite studentische Selbstorganisation gibt es schon sehr lange, die Fachschaften sind dagegen erst in den 1960er und 1970er Jahren entstanden. Dabei gab es von Anfang an eine Kontroverse darum, ob Fachschaften unpolitisch sein sollen oder ihre Daseinsberechtigung umgekehrt genau die Politisierung der Fachbereiche ist. Im ersten Teil des AKs wollen wir versuchen, diese Entwicklung und die dahinter stehenden Diskussionen so gut es geht zu rekonstruieren.

Parallel und damit verbunden sind die Debatten um Freiheit versus Verantwortung der Wissenschaft sowie die Frage nach dem (hochschul)politischen Mandat der Verfassten Studierendenschaft und dessen Bedeutung bis heute. Diese Auseinandersetzungen sind auch bis in hohe Instanzen vor Gericht geführt worden. Im zweiten Teil des AKs wollen wir uns diese Kontroversen und ihre Protagonist*innen vor allem an Hand der einschlägigen Gerichtsurteile ansehen.

Im dritten Teil wollen wir schließlich diskutieren, was all das für die Arbeit heute bedeutet. Dabei wird es auch um die Frage gehen, inwiefern es Ziel ist und was es heißt, die Studierendenschaft zu repräsentieren.

Falls sich jemand mit der Geschichte der Verfassten Studierendenschaft in der DDR auskennt: Bitte melden, davon haben wir nämlich keine Ahnung.


Protokollpad

https://pad.zapf.in/WiSe22_AK_Geschichte_der_Studierendenschaft

Arbeitskreis: Geschichte der verfassten Studierendenschaft

Protokoll vom 12.11.2022

Beginn
10:20 Uhr
Ende
11:55 Uhr
Redeleitung
Stefan NACHNAME (Uni Köln), ...
Protokoll
Jonathan Beullens (Uni Frankfurt), ...
Anwesende Fachschaften
Freie Universität Berlin,-->
Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main,-->
Ludwig-Maximilians-Universität München,-->
Technische Universität Darmstadt,-->
Universität Wien,-->
Universität zu Köln,-->

Protokoll

Ausgangspunkt des AK: wiederholende Debatten dazu was allgemein- und hochschulpolitisch ist und wie die Lage der verfassten Studierendenschaften (VS) zu interpretieren ist.

Ziel: worum geht es wirklich bei der Debatte?

Zu erst allgemeiner Austausch zum Wissensstand der Anwesenden was das Thema verfasste Studierendenschaft angeht.

Vorgehen: - Rekonstruktion der Geschichte der VS (ca. 1920 bis heute) - Hochschulpolitisches Mandat im juristischen Kontext diskutieren - Was für Schlussfolgerungen leiten sich ab aus dem Diskutierten?

Geschichte VS historisch geboren aus 1848 mit den Burschenschaften bzw. Verbindungen. Es war sehr elitär angehaucht. Studierende waren kadermäßig formiert, es gab keine feste Organisationsform. Älteste hatten oft das letzte Wort bei Entscheidungen. “Verfasst” leitet sich aus dem Nomen Verfassung ab und bedeutet eine wohldefinierte Organisationsstruktur mit festem Regelwerk. Burschenschaften haben schon vor 1933 voreiliges Gehorsam gegenüber der Nazis geleistet und es gab sowieso enge Zusammenarbeit mit ebendiesen. Nach dem 2. WK bemühten sich die Alliierten um eine Restrukturierung der Studierendenschaften. Parlamentarischer Aufbau der Gruppierungen mit Listen entstanden. Oft waren diese parteipolitische Ableger. Es sollten die neuen politischen Vertreter*innen hervorgebracht werden. Studierenden wurde nahegelegt sich explizit allgemeinpolitisch zu engagieren.

Einschub: Studien- und Prüfungsordnungen - galten als unakademisch - erste Studienordnungen bei Fächern mit Staatsexamen für Leute die hinterher in den Staatsdienst gehen weil der Staat mehr Kontrolle ausüben wollte bei der Selektion, schon in Weimarer Republik - Nazis haben dies weitergeführt wegen erhöhter Kontrolle - Unis haben dies als Bedrohung wahrgenommen gegenüber ihrer Autonomie - Mitte 19. Jhdt. bis Ende 20er gab es gar keine Studien- und Prüfungsordnungen

Nach dem Krieg befasste sich v.a. die Kritische Theorie mit der Exklusivität der Bildung und die Rolle der Universitäten im Entstehen des Faschismus. Max Horkheimer hat in einer Eröffnungsrede betont, dass es wichtig ist, dass Unis sich hochschulpolitisch engagieren. Politische Fragen sollen in den hoschschulkontext gebracht werden um den Elfenbeinturm der Unibildung zu verhindern.

Einschub Österreich: - in Österreich direkt nach dem 2. WK die ÖH (Österreichische Hochschüler*innenschaft, Mischung aus FS, Asta, Studierendenvertretung) gegründet - Österreich hatte deutlich weniger Demokratieerfahrung nach dem Krieg, die Alliierten beauftragten die ÖH mit einer “Demokratisierung” der Hochschulen - ersten Uniwahlen 1946 - Österreich seitdem eine der am stärksten verfassten Studischaften

Wegen Föderalismus nach dem 2. WK in Deutschland sehr unterschiedliche Gesetzgebung. Alliierte haben Dekrete erlassen zur Demokratisierung von Deutschland. Diese wurden oft sehr halbherzig durch die Länderregierungen ausgeführt. Es gab ein großes Durcheinander auch wegen einer Art “Jerrymandering” der Länder um bestimmte Regierungsrichtungen durchzusetzen.

Allgemeine Richtung der neuen Asten nach dem 2. WK: antikommunistisch

68er Bewegung 60er geprägt durch viele aktivistische Bewegungen: Frauenrechte, Anti-Vietnam-Krieg, sexuelle Befreiung, AUfarbeitung des Faschismus. Studentische Belange geprägt durch diese Themen. Es gab eine Bewegung gegen den Elitarismus der französischen Unis in Frankreich, welche übergeschwappt ist nach Deutschland. Aufarbeitung des Faschismus: Allierte haben diesen Prozess nach dem 2. WK angefangen aber irgendwann unterbrochen und teilweise alt-Nazis in politische Ämter gesteckt. Es gab auch alt-Nazis die Profs waren. Teilweise haben Studierende Vorlesungen gesprengt von Dozierenden die sie für faschistoid hielten.

Aufarbeitung der faschistischen Geschichte wurde sowohl im Westen als auch im Osten oft unterdrückt.

Es gab in den 60ern insgesamt einen Linksruck der Studierendenschaft der bis heute nachhallt. Teil dieses Rucks war der SDS (sozialistisch demokratischer Studierendenverband, damals Studierendenorganisationen die der SPD nachstand). Es gab auch eine Bundesassistent*innenvereinigung. Eine Minderheit der Profs gründeten den Bund demokratischer Wissenschaftler*innen (BdWi). Als Gegenbewegung dazu gab es den Bund Freiheit der Wissenschaft. Es gab Demokratisierung der Unigremien wie Senate, FB-Räte etc. in denen vorher nur die Profs vertreten waren. Hier kamen jetzt Mittelbau und Studis dazu.

Asten sind damals massiv vorgegangen gegen die Willkür an der Uni (keine Prüfungsordnungen, keine Studienordnung etc). Parallel Erkämpfung von Bafög, Nachteilsausgleich. Transparentmachung des Studienplans aus Nachsicht auf Studierende mit beschränkten Finanzmitteln.

Formale Änderungen der Uni wurden zwar durchgesetzt, aber der Inhalt wurde durch Studierende immer noch als bürgerlich und chauvinistisch empfunden. Aus diesem Grund wurden FSen gegründet: um Einfluss zu nehmen auf den Lehrinhalt. Weiterer Grund: einigen Studierenden hat der Linksruck nicht gepasst und wollten sich “entpolitisieren” mit einem Schutzraum. Es gab aso eine Art “doppelte” FS-Gründung von Anfang an.

In den Fachschaften entstanden teilweise sog. K-Gruppen die eine basisdemokratisierung der Studierendenschaft anstrebten und Pralamentarismus kritisierten. Konter gegen Stupa und Asta. Es sollte eine Art Rätesystem erschaffen werden mit direkt gewählten Delegierten. Kritik daran: wer nicht lohnarbeiten muss kann sich mehr in FS Arbeit engagieren und dadurch mehr etablieren. Es gab einen riesigen Konflikt. Das führte zu verschiedene Formen von Verfassungen der Studierendenschaften mit einem Flickenteppich an Regularien. Dort wo K-Gruppen sich durchsetzten sind heutzutage immer noch basisdemokratische Organisation existent.

Einschub: in Österreich gibts Basisgruppen (pendant zu FS in Deutschland)

In den IngWis/NaWis gab es eher unpolitisch gegründete FSen u.A. aufgrund der Studienlast.

Zusammenhang mit allgemeinpolitischen Mandaten Verfasste Studischaft war ursprünglich nach dem 2. WK allgemeinpolitisch. Es entstand Anfang der 70er das Hochschulrahmengesetz (HSRG) zur Verhinderung des Linksrucks der Unis, welche der 68er Bewegung entstammt. Es sollte den Unis etwas zuvorgekommen aber insgesamt eine konservative Agenda durchgesetzt werden. Die VS wurde zu einem Anhängsel der Univerwaltung. Die politische Macht verschob sich zur Landesregierung. Die Industrie drängte auch auf eine Öffnung der Unis für die Bildung qualifizierter Fachkräfte. Es sollte auch wissenschaftlich “aufgerüstet” werden um zum Osten auzuholen die technologische Errungenschaften leisteten. Das HSRG hat z.B. Studienordnungen vorgeschrieben und Regelstudienzeiten eingeführt. Das Studium sollte entlastet werden um radikalen Studierenden zuvorzukommen und ihnen das radikale Moment zu entziehen. Unihaushalte wurden eingefroren, es durfte keine Inflationsausgleiche geben. Der “Rote Sumpf” sollte trockengelegt werden laut Konservativen, und Sozialdemokraten meinten es gäbe keine Mittel für Bildung. Daher rührt u.A. die andauernde strukturelle Unterfinanzierung der Unis. Das HSRG wurde mehrfach umgeändert und die meiste Legislatur ist bei den Ländern angekommen. Das HSRG hat quasi erlaubt, das von den Alliierten auferlegte Mandat für VS aufzuhebeln.

Was ist ein Mandat? In den HSG steht, dass die VS ein hochschulpolitisches Mandat hat. Das bedeutet, dass die VS bestimmte Aufgaben leisten muss. Diese Aufgaben sind im HSG bestimmt. Wenn eine VS nicht ihrem Mandat nachkommt kann eine Rechtsaufsicht (z.B. Rektorat) die VS auflösen und Neuwahlen ausrufen. VS können mehr Aufgaben leisten als es im HSG steht.

Einschub Österreich: - Es gibt explizit ein allgemeinpolitisches Mandat - jede Studivertretung bis zur Bundesvertretung hat ein allg.politisches Mandat - Unis beschränken sich teilweise selbst beim allg.politischen Mandat (u.A. Konservative und Neoliberale Gruppierungen) - auch in den ÖHs setzen sich o.g. Parteien gegen allg.politische Mandate ein - oft ist allg.politische Mandat in Österreich unbekannt

Ein hochschulpolitisches Mandat bedeutet also nicht zwangsläufig, dass VS nicht allgemeinpolitisch handeln können. Die Rechtslage ist aber sehr heikel. Klagen gegen VS bzgl. allg.politisches Mandat beruhen auf der Tatsache, dass die VS über den Semesterbeitrag Geld bekommen und es eine Zwangsmitgliedschaft im VS gibt. Wenn das Geld dann “allgemeinpolitisch” verwendet wird sei das Veruntreuung. Weiterer Grund sei niedrige Wahlbeteiligung bei VS Wahlen weil diese somit eigentlich nicht die Studierendenschaft vertreten könnten.

Einschub: Österreich - Wahlbetiligung in Österreich liegt bei ca. 30% - Kontext: das ist sehr hoch, v.a. im Vergleich zu deutschen Unis - trotzdem stehen ÖHs immer unter Feuer weil sie eine unangenehme politische Meinung vertreten

Ausblick

Zusammenfassung