SoSe13 AK Demokratie in akademischen Gremien

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Arbeitskreis: "Demokratie in akademischen Gremien"

Protokoll vom 11.05.2013 (pdf-Version)

Beginn
16:40 Uhr
Ende
18:31 Uhr
Redeleitung
Markus Gleich (FU Berlin)
Protokoll
Bettina Grauel (HU Berlin)
Anwesende Fachschaften
FU Berlin,
HU Berlin,
Uni Bielefeld,
Uni Bremen,
Uni Düsseldorf,
Uni Frankfurt,
Uni Heidelberg,
TU Ilmenau,
Uni Konstanz,
Uni Leipzig,
Uni Rostock,
TU Wien,
Uni Wien

Einleitung/Ziel des AK

Es geht um Gremien, die auf der jeweiligen Universitätsebene das höchste entscheidende Gremium darstellen. In den meisten dieser Gremien herrscht (hoffentlich) Einigkeit und Harmonie bei den meisten Entscheidungen, allerdings kann es auch passieren, dass eine Situation von Studierendenseite auÿer Kontrolle gerät. Es wird ein Austausch betrieben, was für Lösungsmöglichkeiten für solche Probleme in Betracht gezogen werden können.

Protokoll

Klärung von Bezeichnungen

Da viele Universitäten ähnliche Gremien anders nennen, erfolgt hier die Nomenklatur dieses Protokolls.

Das höchste Gremium der Universität ist der akademische Senat (AS). Auf Fakultät sebene schließen sich mehrere Fachbereiche (z.B. Physik und Elektrotechnik) verwaltungstechnich zusammen und bilden den Fachbereichsrat (FBR). Dann kann es eine weitere Verwaltung der einzelnen Fachbereiche auf Institutsebene geben, den Institutsrat (IR). Weiterhin gibt es das Studierendenparlament, das StuPa. Heute soll es hauptsächlich um Entscheidungen im FBR gehen.

Überblick über die Teilnehmer

Bevor die Diskussion losgeht, wird geschaut, wie viele der zur Zeit 21 Teilnehmer des AK selbst in solchen Gremien engagiert sind.

  • StuPa: 2
  • IR: 5
  • FBR: 5 1/2
  • AS: 3

Nicht alle anwesenden Fachschaften habe an ihrer Uni jedes dieser Gremien. Einen FBR (oder vergleichbar) gibt es aber an jeder anwesenden Uni.

Berichte aus den Fachschaften

Zunächst berichtet Frankfurt von einem aktuellen Fall, bei dem im FBR unter anderem von Professorenseite die GO missachtet wurde, um Studierenden das Wort zu rauben. Zwar wurde am Ende die von den Studierenden favorisierte Lösung angenommen, allerdings hat der Fall gezeigt, wie leicht das Mandat der Studierenden ausgehebelt werden kann. Frankfurt bittet um Hilfe bei der Ideenfindung, wie das in Zukunft vermieden werden kann.

Heidelberg berichtet ebenfalls, dass im FBR manchmal hitzig werden kann. Es gibt starke Unterschiede zwischen Mathematik und Physik, da bei der Mathematik deutlich weniger Professoren anwesend sind als in der Physik.

Düsseldorf berichtet, dass Diskussionen zwar oft hitzig verlaufen, aber eigentlich nie feindselig.

Bremen berichtet von ungünstigen Regelungen, die in Bezug auf Prüfungsvorleistungen getroffen wurden.

Leipzig berichtet, dass sich die Kommunikation mit dem Studiendekan in letzter Zeit verschlechtert hat.

Als Zwischenfazit wird festgehalten, dass es erstaunlich ist, wie viele Fachschaften Konflikte ode Probleme haben, und dass Mechanismen von Nöten sind, die bei solchen Konflikten greifen.

Lösungsvorschläge für Frankfurt

Die HU Berlin berichtet von einer Klausel in der Verfassung der Uni, die ein Statusgruppenveto erlaubt. FU Berlin und Leipzig haben ähnliche Klauseln.

Weiterhin wird angeregt, bei passender Protokollführung die Sitzung anzufechten. An der FU Berlin haben Studierendenvertreter das Recht auf eine Protokollnotiz. Wenn also ein GO-Antrag ignoriert wird, kann das festgehalten werden. Anfechten von Sitzungen wird zunächst durch die Sitzungsleitung geprüft. Bei Uneinigkeit kommt der Fall vor den Vermittlungsausschuss.

Natürlich können Protokolle von Sitzungen immer abgelehnt werden, wenn sie den Sachverhalt in einer Sitzung nicht korrekt wiederspiegeln.

Es wird angeregt, höhere Stellen informell anzusprechen, beispielsweise das Dekanat.

Auch ist es sinnvoll, außerhalb der Sitzungen andere Statusgruppen mit ins Boot zu holen, um Rückendeckung zu erfahren.

Statusgruppenveto

Die HU Berlin erlaubt bei Anträgen in ihren Gremien ein Veto einer Statusgruppe, was dazu führt, dass ein Vermittlungsausschuss aus dem Vorsitzenden des Gremiums, einem Vertreter jeder Statusgruppe sowie einem weiteren Mitglied der Veto-einlegenden Statusgruppe eingesetzt wird. Dieser Vermittlungsausschuss soll an einem Kompromiss arbeiten und mit einfacher Mehrheit entscheiden. Ein Veto ist pro Antrag und pro Statusgruppe nur einmal möglich.

Die FU Berlin erlaubt ein Statusgruppenveto, welches bewirkt, dass der Antrag auf die nächste Sitzung vertagt wird, was bewirken soll, dass mehr Zeit für eine eventuelle Kompromissfindung zur Verfügung steht. Das Statusgruppenveto kann pro Antrag und pro Statusgruppe nur einmal gestellt werden.

Die Uni Leipzig verfügt über die Möglichkeit eines Studierendenvetos, die besagt, sofern alle studentischen Mitglieder gegen einen Antrag stimmen, dass dieser Antrag dann automatisch einer 2/3-Mehrheit bedarf, um angenommen zu werden.

Der Arbeitskreis empfindet das HUB-Modell als das sinnvollste, wobei es nach seiner Meinung darum erweitert werden sollte, dass für den Fall, dass der Kompromiss scheitert und wieder über den alten Antrag abgestimmt wird, dann eine 2/3-Mehrheit möglich ist, um den per Veto verschobenen Antrag noch durchzubringen. Auf diese Art soll verhindert werden, dass die Professoren, die zwar die absolute, aber keine 2/3-Mehrheit im Gremium stellen, sich gegen alle Statusgruppen durchsetzen können.

Es wird noch angemerkt, dass in Fachschaften, wo ein gutes Verhältnis in den Gremien besteht, der Vesuch, eine Klausel für ein Statusgruppenveto in die GO aufzunehmen, zu einer Verschlechterung der Beziehungen führen kann. Das muss eben im Einzelfall abgewogen werden.

Besetzungsverhältnisse in Gremien

Die nicht-paritätische Besetzung in allen entscheidenden Gremien der Hochschulen sorgt für ein Ungleichgewicht in der Machtverteilung. Dass Professoren die absolute Mehrheit stellen sollen, wird in den Hoshschulgesetzen festgehalten und vor ca. 30 Jahren vom Bundesverfassungsgericht in einer Mehrheitsentscheidung (4 dafür, 3 dagegen) festgelegt worden, kann also ohne einen weiteren Gang vors Bundesverfassungsgericht nicht geändert werden. Nichtsdestotrotz stellt diese Tatsache ein Problem dar, weil so die anderen Statusgruppen im schlimmsten Fall der Sturheit der Professoren ausgeliefert sind.

Es wird angemerkt, dass in der Realität die Professoren oft keinen Gebrauch von ihrer Mehrheit machen, da sich Experimentatoren und Theoretiker unter Umständen selten einig werden.

Rolle des Dekanats

Frankfurt und Bielefeld berichten, dass das Dekanat im FBR kein Stimmrecht, aber eine beratende Rolle innehat. In Leipzig ist es ebenso, allerdings ist dort der Dekan oft auch Mitglied des FBR und hat dann natürlich Stimmrecht.

Befangenheit in Gremien

Ein weiterer Gesprächspunkt ist der Fall von Befangenheit studentischer Mitglieder in Gremien, beispielsweise wenn deren Arbeitsgeber (Professor) mit im Gremium sitzt und es den Eindruck erweckt, dass das studentische Mitglied nicht seine oder die seiner Statusgruppe, sondern eher die Interessen der Arbeitsgruppe vertritt. Es findet sich in der Diskussion keine einheitliche Meinung, wie mit einem solchen Verdacht umzugehen wäre, da die Mitglieder ja de facto nicht überwacht werden, weil sich ja niemand die Protokolle durchliest oder in den öffentlichen Teilen der Sitzungen anwesend ist. Ein solcher Verdacht würde also mangels Gelegenheit vermutlich erst gar nicht entstehen. Zuletzt fügt Bremen an, dass die Legitimation von demokratisch gewählten Vertretern nicht ohne weiteres auÿer Kraft gesetzt werden kann, denn wenn eine ausreichend groÿe Anzahl der Statusgruppe dieser Person ihr Vertrauen aussprechen, sie gut vertreten zu können, dann ist das so. Es wird eine Analogie zur FDP im Bundestag angebracht. Die FU Berlin berichtet von einem Fall, bei dem in Listen die wissenschaftlichen Mitarbeiter und studentischen Mitglieder von den Professoren aus ihren eigenen Arbeits- gruppen aufgefüllt wurden, um möglichst konfliktfreie Gremienzusammenstellungen zu haben. Dies wurde glücklicherweise enttarnt und durch Initiative und Informationspolitik verhindert, dass diese Listen gewählt wurden.

Besetzung von Mitgliedern in Kommissionen

Es scheint gang und gäbe zu sein, dass Mitglieder von Kommissionen zwar in der Regel, aber nicht zwingend von den Vertretern der Statusgruppen vorgeschlagen werden, über sie aber vom gesamten FBR abgestimmt wird. Es wird diskutiert, ob es nicht sinnvoller sei, die Statusgruppen darüber entscheiden zu lassen, ob eine bestimmte Person sie gut vertreten kann oder nicht. Einerseits würde dadurch verhindert werden, dass beispielsweise Professoren ihre Lieblings-Studierenden in Kommissionen zu schicken, um Konflik- te zu vermeiden. Andererseits würde dann Studierenden die Möglichkeit genommen, bei einem ungeliebten Professor eine einstimmige Wahl zu verhindern. Leipzig erwähnt, dass bei der Wahl von Posten wie dem Studiendekan sowieso eine 2/3-Mehrheit notwendig ist und daher die Professoren auf die Unterstützung mindestens einer weiteren Statusgruppe angewiesen sind. Bremen betont, dass man deutlich trennen sollte zwischen Vertretern einer Statusgruppe in einem Gremium (wie Studien- oder Berufungskommission) und der Wahl einer Person auf einen Posten.

Positionspapier

Es wird beschlossen, zu den diskutierten Punkten ein Positionspapier zu entwerfen, um ggf. Fachschaften, die Probleme zuhause ansprechen wollen, mit Rückendeckung zu versehen. Bedarf für eine Resolution besteht zur Zeit nicht.

Zusammenfassung

Folgendes Positionspapier soll verabschiedet werden.

Position der ZaPF zur demokratischen Mitgestaltung von Hochschulgremien

Für die konstruktive Zusammenarbeit aller Statusgruppen in Universitätsgemien empiehlt die ZaPF folgende Punkte zu beachten.

  1. Lehnt eine Statusgruppe geschlossen einen Antrag ab, soll sie das Recht haben, ein Veto einzulegen (Statusgrupp enveto). Daraufhin soll ein Vermittlungsausschuss, bestehend aus einem Vertreter jeder Statusgrupp e sowie einem weiteren Mitglied der Veto-einlegenden Statusgruppe, eingesetzt werden. Dieser Vermittlungsausschuss soll frühestens zur nächsten Sitzung einen Kompromiss erarbeiten. Für die Kompromissfindung in diesem Ausschuss ist eine einfache Mehrheit ausreichend. Ein Veto ist pro Antrag und pro Statusgruppe nur einmal möglich. Wird der dann eingebrachte Kompromiss verworfen und über den ursprünglichen Antrag erneut abgestimmt, so ist nun eine 2/3-Mehrheit nötig, damit der Antrag angenommen ist.
  2. Die Mitglieder des Dekanats dürfen ausschließlich mit beratender Funktion an Gremiumssitzungen teilnehmen.
  3. Es ist grundsätzlich als kritisch zu betrachten, wenn eine Statusgrupp ein einem demokratischen Gremium automatisch die Mehrheit besitzt.
  4. Bei der Benennung von Mitgliedern in den beratenden Kommissionen von Gremien der akademischen Selbstverwaltung werden die Vertreter ausschließlich von ihren jeweiligen Statusgruppen gewählt. Werden dagegen Ämter (bspw. Dekan) besetzt, entscheidet der gesamte Rat.

pdf-Version des Positionspapiers