WiSe20 AK Seltsame Professuren

Aus ZaPFWiki
Version vom 18. April 2021, 23:11 Uhr von Astro Katrin (ZaPF-Auth) (Diskussion | Beiträge) (Rechtschreibung)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Vorstellung des AKs

Verantwortliche*r: Paul(Köln)

Einleitung und Ziel des AK
Wir hatten in der letzten Zeit einige male das Problem, dass das Ergbnis der BK eigentlich schon vor der BK feststan, da:
1. Die Professur zusammen mit einer externen Forschungseinrichtung ausgeschrieben wurde und diese Einrichtung eine bestimmte Persone haben wollte. (Jülich Model, aber die Sitution gab es nicht nur exklusiv mit FZ Jülich)
2. Es wurde sich zusammen mit einem Kandiaten sich auf eine Humboldt Professur beworben (bevor die BK existierte), was im Falle des Erfolgs dazu führt das diesem Kandiaten auf jeden Fall eine Professur angeboten werden muss
In vielen Fällen führt das dazu, das die Lehre in bei solchen Professuren nur eine Nebenrolle spielt.
Ziel des AK ist es die Größe des Problems zu erfassen und was kann die ZaPF, die jeweilige Fachschaft oder die jeweiligen studentischen Mitglieder in der BK tun um die Problem dieser Art von Professuren zu lösen.

Handelt es sich um einen Folge-AK?

Nein.

Wie läuft der AK ab?
Disskusion der folgen Fragen:
Was für Professuren ähnlicher Art gibt es noch?
Wo für sind diese Professuren da, und sind sie wünschenswert?
Was für Probleme haben solche Professuren?
Was sind Lösungen? (im speziellen was kann die ZaPF, die Fachschaft oder die studentischen Mitglieder in der BK tun?)

Voraussetzungen (materielle und immaterielle)
Keine.
Wünschenswert, aber nicht zwingend: Kenntnis über Jülicher Model, Humboldt-Professur und ähnliches.
Materialien und weitere Informationen

Arbeitskreis: AK Seltsame Professuren

Protokoll vom 07.11.2020

Beginn
18:05 Uhr
Ende
19:30 Uhr
Redeleitung
Paul (Köln)
Protokollantum
Andy (Würzburg)

Anwesende Fachschaften

Freie Universität Berlin,
Technische Universität Berlin,
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn,
Friedrich-Schiller-Universität Jena,
Universität zu Köln,
Philipps-Universität Marburg,
Westfälische Wilhelms-Universität Münster,
Universität Osnabrück

Protokoll

Problembeschreibung & Sammlung von Fällen

In Köln gab es in der Vergangenheit mehrere Berufungen (insb. beim sog. Jülicher Modell), bei denen zu Beginn des Verfahrens schon quasi feststand, wer die Stelle bekommt. Bei diesen Professuren wird dann bei der Besetzung meist kaum auf Lehre geachtet, sie werden allerdings auch von den Stiftungen bezahlt. Gibt es das auch an anderen Unis?

Leon: An der FUB gibt es einzelne Fälle von Honorarprofessuren - eine Humboldt-Professur und eine Einstein-Professur, die jeweils 5 Jahre Laufzeit für den Hauptteil der Gelder haben (im Einstein-Fall wird die Person dann auch weiter von der Stiftung gezahlt).

Chris (Marburg): Bei ihnen gab es die Ansage, dass neue Professuren Humboldt-Professuren sein müssen, weil die Uni das sonst nicht finanzieren könnte. Die Alternative wäre, keine neuen Professuren zu bekommen.

Paul merkt an, dass das eine ziemlich kritische Situation ist, da es nur wenige solcher Professuren gibt (4-12 pro Jahr).

In Bonn gibt es auch Professuren nach Jülicher Modell (Jülich zahlt, dafür wenig Lehre). Ähnliche Kooperationen gibt es mit dem DLR oder DESI.

Was ist der Zweck dieser Professuren?

Jülich profitiert insofern, als dass die entsprechenden Wissenschafler:innen dort sich dann Prof. nennen dürfen, die Uni bekommt dafür (in vielen Fällen schlechte) zusätzliche Lehre.

Humboldt-Professuren haben den Zweck, renommierte Menschen aus dem Ausland an deutsche Unis zu bringen.

Sind diese Professuren wünschenswert und welche Probleme gibt es?

Jülich: Lehre steht bei solchen Berufungen selten im Vordergrund.

Chris (Osnabrück): Inwiefern ist die daraus resultierende Lehre "nicht so gut"?

Paul: Die Profs müssen deutlich weniger Lehre machen, in vielen Fällen ist die Lehre qualitativ schlecht. Meistens machen sie nur Spezialvorlesungen, gelegentlich werden sie aber auch für Grundvorlesungen eingesetzt. Die Arbeitsmoral war auch nicht immer gut.

Johann (Bonn): Hat die Erfahrungen bzgl. Lehre so nicht gemacht, die Lehre war so gut oder schlecht wie bei normalen Profs. Ihr Problem sind hauptsächlich die abgekarteten Berufungsverfahren, bei denen eine große Menge Aufwand betrieben wird obwohl schon entschieden ist, wer die Stelle bekommt. Wenn die Studis dann feststellen, dass andere Kandidierende besser geeignet wären, haben sie nicht genug Einfluss um gegen das Verfahren durchzukommen. Außerdem ist es eine riesige Zeitverschwendung.

Paul: Bei den Jülicher Professuren steht (für die Kommission) zumindest drauf worum es geht, aber man hat dann doch die Hoffnung, dass sich etwas ändert. Er fragt in die Runde, ob solche abgekarterten Bewerbungen auch an anderen Unis vorkommen.

Johann: In Bonn kennt er das nur mit solchen Jülicher Professuren.

Andy (Würzburg): Es gab immer wieder Hausberufungen, bei denen allen klar, war wer die Stelle am Ende bekommen wird (auch unabhängig von Stiftungen). Ähnliche Situationen gab es auch in Jena und Münster.

Paul hält fest, dass sich solche Berufungen damit wohl auf das FZ Jülich beschränken. Bei anderen Forschungsinstituten scheint es noch nicht vorgekommen zu sein.

Das Problem scheinen also eher allgemein Berufungen zu sein, deren Ergebnis schon vorher feststeht.

Samuel (Jena): Bei Professuren, die nur wenig Lehre beinhalten, wurden in Verfahren oft Lehrproben stiefmütterlich behandelt, weil "die Lehre ja dann nicht so wichtig war".

Johann stört sich hauptsächlich daran, dass so eine große Farce für eine "ad-personam" Berufung hochgezogen wird. NRW gibt hier den rechtlichen Rahmen, dass nur bei W3-Professuren auf ein Berufungsverfahren verzichtet werden kann.

Was erwarten wir vom Titel "Prof."?

Andy wirft die Frage auf, was wir von Professor:innen erwarten. Wenn Menschen den Titel tragen dürfen, wenn sie nur exzellente Forschung machen sind Konzepte wie das Jülicher Modell weniger problematisch, wenn wir erwarten dass sie sich auch in der Lehre engagieren, ist das viel eher ein Problem.

Leon ergänzt, dass geklärt werden sollte, wie weit Profs inhaltlich von der Uni entfernt sein sollten. Er ist der Meinung, dass jemand nicht nur an einem Forschungszentrum arbeiten soll und der Uni dann Geld zahlt, um Prof zu sein.

Chris (Marburg) unterstützt das: der Titel "Prof." ist schließlich eine Berufsbezeichnung die aus der Lehre stammt. Er fände es schön, wenn wir entsprechend den Trend "Prof." als Prestige-Titel für reine Forscher:innen kritisieren.

Chris (Osnabrück): Ist auch der Meinung, dass ein:e Professor:in auch Lehre geben sollte. Reine Forschungsaktivität sollte keine Motivation sein, Prof zu werden. Wer selbstständig forschen will, ohne dabei Lehre zu geben sollte dann auf den Titel verzichten (berichtet von einem Fall, wo eine Person ohne Prof-Titel durch die Noether-Stiftung (zeitlich begrenzt) finanziert wird).

Paul fasst zusammen, dass wir uns wünschen dass Professor:innen auch Lehre halten. Daraus ergibt sich die Frage, wie viel Lehre für einen Prof. nötig ist und ob wir solche Stellen überhaupt gut heißen, oder ob jemand der:die gute Forschung macht immer auch gute Lehre halten sollte.

Johann hält die aktuelle Diskussionsschiene für nicht sehr zielführend, da wir uns wahrscheinlich ziemlich einig sind dass gute Forschung und Lehre einhergehen sollten. Er würde lieber eine Ablehung von Berufungsverfahren von ad -persona-Berufungen erreichen.

Er ist der Meinung, dass die "gespielten" Berufungsverfahren für ad-personam Berufungen ein größeres Problem sind, als solche Berufungen an sich.

Andy wirft ein, dass das Abschaffen dieser Verfahren dem Missbrauch von ad-personam "Anstellungen" Tür und Tor öffnen würde, da dann niemand mehr störend einbezogen werden muss und Menschen einfach angestellt werden können, ohne dass die Lehrqualität überhaupt eine Rolle spielt. Aktuell fällt das zumindest noch negativ auf, wenn sinnlose Berufungsverfahren passieren.

Chris (Marburg): Wollen wir einen alternativen Titel zu Prof. für Menschen, die nur Forschung betreiben? (auch wenn das eher utopisch ist?)

Fabs: Wenn wir das schon hinterfragen - wollen wir das Konzept von Professuren auf Lebenszeit überhaupt - könnte man das nicht anders regeln, z.B. gewählte Gruppenleiter:innen, die die Arbeit der Profs tun?

Johann spricht sich für die bestehenden Berufungsverfahren aus, wenn sie denn im eigentlichen Sinne durchgeführt werden. Dort fließt auch Lehre und stud. Positionen gut ein. Ob die Titel auf Lebenszeit vergeben sein sollten, ist natürlich eine offene Streitfrage.

Paul und Fabs sind beide der Meinung, dass das Diskutieren allgemeiner Machtstrukturen an der Uni den Rahmen des AKs sprengen würde.

Andy sieht den Versuch, reine Forscher:innen zu Professor:innen (gesellschaftlich) gleich zu stellen kritisch. Das könnte zu einem Kontaktverlust zwischen aktueller Forschung und Wissensvermittlung führen und die wissenschaftliche Ausbildung gefährden.

Johann und Paul unterstützen diese Sichtweise.

Zusammenfassung: Wir sehen ad-personam Berufungen kritisch und wünschen uns, dass die Einheit von Forschung und Lehre bestehen bleibt.

Gibt es Fälle wo ad-personam Berufungen sinnvoll sind?

Paul meint, dass z.B. für besondere fachliche Koryphäen nur ein solches Verfahren erfolgreich sein kann.

In solchen Fällen sollte es trotzdem ein geordnetes Verfahren geben, dass die Einbeziehung von Aspekten der Lehre und Positionen anderer Statusgruppen ehrlich sicherstellt.

Es gibt jedoch Stimmen im AK, die auch dann ad-personam Verfahren kritisch sehen würden.

Es folgt ein kurzes Abschweifen zu Professuren, die extern gestiftet werden (z.B. von der Familie, denen Lidl gehört). Hier wird zusätzlich zu bisher besprochenem das Problem gesehen, dass diese Professuren ggf. nicht neutral ggü. ihren Stifter:innen sind.

Johann: Von extern gestiftete Professuren sind mMn genau so ok, wie alle anderen. Das Problem sind die ad-personam Professuren (wiederum unabhängig vom Geldgeber).

Paul wirft die Frage auf, welche Kriterien es geben müsste damit ein Verfahren ad-personam ablaufen dürfte.

Samuel (Jena): Eine Möglichkeit wären Stellen, die konkret für eine Person geschaffen werden.

Andy: Das würde dann aber dazu führen, dass Geld für eine Person ausgegeben wird statt für eine Stelle, für die dann die passende Person gesucht wird. Fände das als Kriterium nicht ausreichend.

Fabs: Bei einer Professur geht es scheinbar doch um vieles mehr als nur etwas Forschung, Lehre und Geld beschaffen. Der Titel hat eine gesellschaftliche Bedeutung und gibt der Person ein Gewicht. Er tut sich schwer damit, das ohne ein offenes Verfahren unter Einbeziehung aller Statusgruppen einer Person zu geben. Eine Ablehnung bei einem ad-personam Verfahren würde dazu führen, dass alle verlieren - die Uni das Geld und die Studis die Lehre. Er rechnet damit, dass in solchen Verfahren keine Nein-Fälle passieren würden.

Andy (nach einigem Hin und Her zu den Details): Dann müsste man Berufungsverfahren schaffen, bei denen der konkrete Inhalt noch nicht festgelegt wird. So könnte man wissenschaftlichen Schwergewichten die Möglichkeiten bieten, die sie fordern, und trotzdem einen offenen Wettbewerb schaffen.

Paul: Es gibt auch Fachbereiche, die so klein sind dass sich nur maximal eine Person auf eine Stelle bewirbt. Aber das ist wahrscheinlich ein anderes Problem.

Fabs findet das Konkurrenzdenken von Andys Idee nicht sehr sympathisch.

Was machen wir jetzt damit?

Andy plädiert dafür, die Informationen erstmal sacken zu lassen und zu reflektieren, was geeignet und relevant genug wäre vielleicht Inhalt einer Position zu werden.

Paul ergänzt, dass dann auch andere Menschen noch die Gelegenheit bekommen über die aufgebrachten Lösungsvorschläge nachzudenken.

Es wird einen Folge-AK in Rostock geben, bis zu dem Zeit ist, schon mal zu sortieren, wie weiter vorzugehen ist.